Mittwoch, 8. Februar 2017

Laura's Italienreise Teil 2: Neapel, die Schöne am Vesuv

Neapel - die Schöne am Vesuv


Noch vor wenigen Jahren wäre es mir nicht im Traum eingefallen, nach Neapel zu fahren. Die Stadt hatte selbst bei Süditalienern einen schlechten Ruf. "Halte ja nicht an einer roten Ampel an, die klauen dir die Reifen unterm Hintern weg oder schlagen dir das Fenster ein und klauen deine Taschen!" So oder so ähnlich
wurde man vor einem Städtetrip in die Hauptstadt Kampaniens gewarnt. Doch als ich meine Reise im Frühjahr 2016 für den Sommer plante, war klar: ich muss auf jeden Fall nach Neapel, denn hier ist die Wiege des cafè und der Pizza.
Und diese zwei Lebensmittel machen einen Italiener aus. Mit dem Zug ist die Stadt von Rom aus in etwa einer Stunde zu erreichen. Und da Zugfahren in Italien wirklich extrem günstig ist, wählte ich diese Möglichkeit. Für 20,00€ war ich in siebzig Minuten am Hauptbahnhof Neapel und die Atmosphäre dort öffnete mir sofort mein Herz. Rom ist zwar wunderschön, doch das historische Stadtzentrum ist doch sehr künstlich und touristisch. In Neapel hingegen pulsiert das Leben. Es ist laut, es ist schmutzig und es ist lebendig. Draußen auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof stehen unzählige Taxis. Mein Taxi-Fahrer ist etwa 1,55 Meter groß und wird von seinen Kollegen sogleich auf die Schippe genommen, dass mein Koffer größer sei als seiner. Er nimmt's mit Humor und beginnt breit zu lachen. Leider ist das Taxifahren im Gegensatz zum Zugfahren sehr teuer und so zahle ich etwa 25,00€ um in die Via Dei Tribunali zu kommen. Auf dem Weg durch die Straßen bekomme ich eine kostenlose Stadtführung von meinem Taxifahrer. Ich habe mich für ein Bed & Breakfast in der Altstadt entschieden. Die Wohnung ist traumhaft. Ich kann direkt auf eine kleine Piazza blicken. Das Haus ist ein typisches altes Haus, wie sie hier in der ganzen Altstadt zu finden sind, die Unterkunft ist einfach, aber sauber und das Haus erinnert mich an meine Kindheit auf Sizilien, wenn ich in Palermo bei meinen Tanten zu Besuch war. Überhaupt erinnert mich alles hier an Palermo, deswegen habe ich mich wohl sofort in diese quirlige Stadt, die direkt am Meer und am Fuße des sagenumwobenen und immer noch aktiven Vesuv liegt. Doch es sind vor allem die Menschen, die dieses herrliche breite Süditalienisch sprechen und unglaublich freundlich und herzlich sind.


Altstadt





Der Blick auf den Vesuv





Neapel sehen und sterben


Ja, auch mein Lieblings-Frankfurter Johann Wolfgang von Goethe erlag sofort dem Charme dieser quirligen Küstenstadt. In seiner Italienreise schwärmt er von der Hauptstadt der Pizza mit seinen Gassen, barocken Kirchen, Palästen und Museen. Wenn ich daran denke wie prunkvoll und schillernd Neapel ausgesehen haben muss zu Zeiten Goethes, schlägt mein Herz höher. Neapel war die einflussreichste und auch reichste Stadt Italiens. Vom Hafen aus gelangen Handelsschiffe aus aller Welt nach Neapel und vice versa. Das war allerdings vor der Gründung Italiens, danach wurde der Süden regelrecht vergessen. Fabriken und Industrie siedelten im Norden an und der Süden Italiens verarmte immer mehr. In Neapel gibt es eigentlich keine Italiener, die Neapolitaner sind nicht gut auch das governo zu sprechen. Mittlerweile ist die Stadt Weltkulturerbe der UNESCO und viele Gebäude wurden oder werden aufwendig saniert. Beim Fußball ist man jedoch eher für Neapel als für die Nationalmannschaft - und vor den wunderschönen alten Gebäuden liegen Müllsäcke, ganz wie man es aus dem Süden gewohnt ist. Das Lebensgefühl und die Gastfreundschaft der Neapolitaner ist jedoch unbeschreiblich.



Liebe geht durch den Magen


In Italien ist Essen das aller wichtigste. Und das erste am Morgen ist ein cafè!, also ein Espresso. Auf der Via Dei Tribunali findet man überall die beliebten Arancini, das sind frittierte Reisbällchen mit Gemüse oder Fleisch gefüllt. Auch frischer Fisch wird angeboten und natürlich PIZZA. Die Pizza kommt aus Neapel und hier in der Altstadt findet man eine antike Pizzeria neben der anderen. Welche Pizzeria ihre Pforten als erstes geöffnet hat, weiß jedoch niemand. Schließlich hat man das leckere Essen damals einfach genossen und nicht darüber nachgedacht, dass Touristen gut 150 Jahre später in ihrem Reiseführer stehen haben wollen, welche Pizzeria die älteste ist. Seit dem Besteller-Roman Eat, Pray, Love und der Hollywood-Verfilmung mit Julia Roberts zieht es unzählige Touristen in die L'Antica Pizzeria da Michele in der Via Cesare Sersale 1. Da mein Vater Michele hieß und die Pizzeria von meinem Bed & Breakfast nur knapp 8 Minuten zu Fuß entfernt liegt, beschließe ich, die Pizza dort zu probieren. Zugegeben der Weg dorthin ist mir etwas unheimlich. Ich laufe durch enge Gassen und komme an Wohnhäusern der Altstadt vorbei, wo die Menschen quasi ihr Wohnzimmer auf die Straße verlegen. Überall sind die Wohnungen einsehbar und im Sommer, wenn es heiß ist sitzen viele mit dem Stuhl auf der Gasse, wo es dank der alten Gemäuer kühler ist. Doch ich werde nicht mal angesprochen und sehe dann auch schon von weitem die Neonbeleuchtung der Pizzeria. Gegen 20.30 Uhr stehen ziemlich viele vor dem Eingang und warten, dass ihre Nummer aufgerufen wird. Hier ist nämlich Nummern ziehen angesagt und zwar für diejenigen, die die Pizza nur abholen und für die, die gerne sitzen wollen. Gut eine Stunde Wartezeit muss man schon einkalkulieren.




Gegenüber ist jedoch eine kleine Bar, in der man sich mit einem Aperitif die Zeit vertreiben kann. Wer eine gemütliche italienische Pizzeria erwartet, wird sich jedoch wundern. Das Interieur erinnert eher an eine Kantine und die Kellner legen auch Tempo vor, schließlich warten die nächsten Hungrigen schon wieder vor der Tür. Die Wände sind bis zur Hälfte mit grünen Kacheln gefliest, an den Wänden hängen Fotos der Familie Condurro, die seit 1870 Pizza bäckt. Die Holztische sind manchmal noch gar nicht abgeräumt, doch die Kellner sind wie gesagt auf Zack und legen schnell Papierset und Besteck aus, nehmen die Bestellung auf und schon rasen sie zum nächsten Tisch. Die Gäste können sowieso nur zwischen einer Margherita und einer Marinara wählen und verschiedenen Größen. Die Preise hauen einen fast um - gerade mal 4,50 bis 5,00 € zahlt man für die Pizza und Bier, Wein und Wasser sind auch günstig. Wenn man aufgegessen hat verlässt man auch schnell die Pizzeria, denn die kleinen Stühle sind nicht gerade bequem - aber so ist das Konzept ja auch schließlich gedacht. Der Besuch: ein Muss und auch vor den anderen Pizzerien stehen sich die Menschen erst mal die Beine in den Bauch, bis ihre Nummer aufgerufen wird.


Laura & Julia Roberts

Die beste Margherita ever


Pray - Engel in Neapel



Warum Julia Roberts alias Liz Gilbert für Eat Italien ausgewählt hat, liegt auf der Hand. Doch ich muss sagen,  nirgends habe ich bisher so viele schöne Kirchen in unmittelbarer Nähe gesehen. Zum einen sind kaum Touristen unterwegs (noch nicht jedenfalls) und so kann man die wunderschönen Fresken, Gemälde und die kunstvoll gemalten Kuppeln in aller Ruhe auf sich wirken lassen. Die Neapolitaner glauben nicht nur an Engel - allen voran Erzengel Michael, der hier quasi in jeder Kirche verewigt ist, wie er Lucifer aus dem Himmelreich wirft - sondern sind auch sehr abergläubisch. Hier werden Träume gedeutet, Lotto gespielt, Karten gelegt und Totenköpfe gestreichelt.

Schädel vor der Kirche Santa Maria delle Anime all Purgatorio


Seit die Cholera vor ein paar Jahrhunderten in der Stadt wütete, beherbergen Kirchen und Klöster Gebeine der Toten, die nicht mehr regulär zur letzten Ruhe gebettet werden konnten. Sie werden gehegt und geputzt und neapolitanische Familien beten für ihr Seelenheil. So gehen sie mit den Toten eine stille Abmachung ein: Die ruhelosen Geister werden beschwichtigt und die Lebenden werden im Gegenzug mit Glück gesegnet. Dieser Totenkult wurde in den 1960er Jahren eigentlich von der katholischen Kirche verboten, das schert die Neapolitaner jedoch herzlich wenig.


Chiesa del Gesù Nuovo


Meine absolute Lieblingskirche in Neapel ist die Chiesa del Gesù Nuovo. Auf den ersten Blick sieht die Kirche, die auf der gleichnamigen Piazza steht, jedoch nicht besonders einladend aus. Auf der dunklen Fassade befindet sich ein Pentagramm, das seit Jahrhunderten Rätsel aufgibt. Scheinbar verbergen sich dort Noten einer sakralen Komposition. Im Innern ist es jedoch hell und freundlich und die barocke Kirche beherbergt viele spirituelle Schätze.

Chiesa del Gesù Nuovo

Chiesa del Gesù Nuovo

Chiesa del Gesù Nuovo




Der Weg ist das Ziel


Wer gut zu Fuß ist und keine Anstrengung scheut, sollte sich auf den Weg auf die Festung Sant'Elmo machen. Von dort aus hat man einen atemberaubenden Blick auf das Meer, die Stadt und den Vesuv. Sonntags ist der Eintritt sogar kostenlos und es gibt einige Restaurants, die eine Terrasse haben, von der aus man den Blick aufs Meer genießen kann. Hier sollte man unbedingt Fisch essen.


 

Die verschwundene Stadt


Zahlreiche Legenden ranken sich um Pompeji, die Stadt, die vor den Toren Neapels gelegen hat und die der Vesuv etwa 79 n. Chr. unter seinen Lavamassen begrub. Für einen Ausflug dorthin sollte man unbedingt einen ganzen Tag einplanen. Die Stadt ist riesig und die nachgebildeten Skulpturen und freigelegten Häuser sind dermaßen imposant, dass ich das Gefühl hatte einen Tag in die Vergangenheit gereist zu sein. Ich laufe von Engeln im Venus-Tempel zu Göttern im Isis-Tempel. Es war ein sehr heißer Tag im Juni 2016 und so hatte ich wirklich das Gefühl einen Hauch  der ehemals prunkvollen Stadt einatmen zu können. An den alten Mauern erzählen Wandmalereien von den Menschen, die hier einmal gelebt haben müssen. Hinter Glas liegen Abdrücke von Männern, Frauen und Kindern, deren Körper im wahrsten Sinne des Wortes zu Asche zusammenfallen würden, hätte man sie nicht mit Gips ausgegossen. Die Geschichte hier ist so greifbar, dass man weinen möchte, wenn man das sieht. Die Nähe zum Vesuv ist gleichermaßen schön und erschreckend. Vom Hauptbahnhof kommt man in etwa 40 Minuten nach Pompeji, die Karten kann man am Schalter lösen. Auf dem Weg kommt man durch die Armenviertel und Vororte Neapels. Auch von der einstigen imposanten Stadt Pompeji ist außerhalb der Ausgrabungsstätte nicht mehr viel übrig. Unbedingt sollte man sich am Eingang einen Acoustic Guide ausleihen. Die Geschichte und das Leben der Pompejaner ist wirklich gut wider gegeben und es macht den ganzen Ausflug noch lebendiger. Selbstverständlich bieten auch Guides ihre Dienste an.
Für ich ist Neapel ein echter Geheimtipp. Lange werden die Touristenströme wohl nicht auf sich warten lassen.








Text & Fotos: Laura Di Salvo



Anreise: Am günstigsten von Rom mit der Bahn aus. www.trenitalia.com, Tickets gibt es am Fahrkartenautomat in Rom. Rom wird mittlerweile von vielen deutschen Städten direkt und sehr günstig angeflogen. Ryanair bietet Neapel ab Sommer auch von Frankfurt-Hahn aus an.

Unterkunft: Wer Neapel wirklich erleben möchte, sucht sich ein nettes und einfaches Bed & Breakfast im historischen Zentrum aus. Es gibt aber auch zahlreiche Sterne-Hotels, gefunden von 0€-1.000€ auf booking.com

Auto: Taxi fahren ist zwar relativ teuer, auf ein Auto würde ich jedoch in Neapel verzichten. Ich habe erst für die Strecke an die Amalfi-Küste eins am Flughafen Neapel gemietet. Man findet keine Parkplätze und muss damit rechnen, dass das Auto beschädigt oder gar aufgebrochen wird!


Pizza:  www.damichele.net

Sehenswertes: Im historischen Viertelliegen zahlreiche barocke Kirchen, ein Ticket sollte man sich auf für die unterirdische Führung "Sottoteranea" gönnen -Via die Tribunali.

Mitbringsel: Auf der Via die Tribunal gibt es zahlreiche Läden, die Grippen und Figuren anbieten - dieses Kunstwerk hat hier Tradition, ist aber nicht günstig. Natürlich sollte man in Neapel Espresso-Kaffee kaufen -hier gibt es den besten in ganz Italien. Außerdem alles, was aus Limonen hergestellt werden kann. Und Pasta, Soßen usw. Lebensmittel bekommt man noch recht günstig in Neapel. Bitte dran denken, dass Flüssigkeiten nicht im Handgepäck verstaut werden dürfen ;-)










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